Montag, 14. März 2016

{Ägypten} Zu viele Guides für zu wenig Touristen

Luxor Tempel
Hallo Leute!

Zugegeben, die Entscheidung im vergangenen Oktober auf Hochzeitsreise nach Ägypten zu fliegen, wurde mir abgenommen - wir bekamen die Reise von den Schwiegereltern zur Hochzeit. Ich hätte mich da sicherlich anders entschieden, aber die Erfahrung war es trotzdem wert - auch wenn 2 Wochen vorher ein paar Mexikaner in der Wüste für Terroristen gehalten und vom Militär erschossen wurden und 3 Wochen später ist ja dann die russische Passagiermaschine über dem Sinai abgestürzt.

Unsere Reise nach Ägypten
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Visum
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Das Visum kostete 25 Dollar und man bekam es direkt bei der Passkontrolle. Davor waren kleine Wechselschalter, an denen man sich die Marke kaufen musste. Die klebte dann der Passbeamte ein und schon konnte die Reise losgehen.
Sphinx mit Pyramide


Kairo (3 Tage)
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Die ersten drei Tage verbrachten wir in der Hauptstadt, direkt im Zentrum der Altstadt - wirklich grauselig schmutzig war es dort und schnell lernten wir dort, wie die ägyptische Gesellschaft funktioniert. Auf dem Flur saß eine ältere Dame, die offensichtlich für das Nichtputzen unserer Zimmer zuständig war und sich beim Bettenmachen scheinbar geschnitten hatte, denn mein Bettzeug war voller Blutflecken. Wenn wir morgens die Tür aufmachten, wir waren anscheinend die einzigen auf dem Gang, kam sie schon angerast "Good Morning", rannte zum Aufzug und nahm ihr Bein erst aus der Aufzugtür, wenn wir ihr Bakkschisch gegeben haben.

Kairo, das muss ich ehrlich sagen, fand ich wirklich grauenhaft. Am ersten Tag wurden wir von einem Guide begleitet, den uns die Reiseagentur schickte. Wir fuhren zu den Pyramiden von Sakkara und Gizeh. Zwischendurch hielten wir ständig bei irgendwelchen Shops - naiv wie wir waren, dachten wir noch, das wäre aus Freundlichkeit und kauften auch was und akzeptierten sogar den (viel zu hohen) Preis, der aufgedruckt war - schließlich sind wir ja Europäer. Später erfuhren wir dann vom Taxifahrer in Luxor, dass das Gang und Gäbe ist und dass die Guides dafür dann eine ordentliche Provision einfahren, wenn wir was kauften.

Das nächste, was uns auffiel - selbst bei den wohl beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Ägypten, den Pyramiden von Gizeh, eine gähnende Leere - sogar in der hinterletzten rumänischen Kirchenburg waren mehr Touristen. Das ist ein Phänomen, das uns auf der gesamten Reise begleiten sollte. Und wenn man sich als argloser Tourist ohne Guide einer Sehenswürdigkeit nähert, hat man gleich mindestens drei nubisch gekleidete Männer an der Hacke, die einem irgendwas erzählen wollen, ohne dass man annähernd sprachliche Ähnlichkeiten findet.

Am nächsten Tag war ich entsetzt - vom ägyptischen Museum in Kairo. Meine Güte, wenn bei uns ein Museum solche Schätze in seiner Sammlung hat - etwa den gesamten Grabschatz des Tutanchamun - kann man da doch wenigstens mal saubermachen. Klimatisierung verlange ich ja gar nicht, aber wenn die Glasvitrinen so verschmiert sind wie die Fenster, wenn der Welpe meiner Eltern rauswill, dann ist das schon ein Zeichen dafür, dass man in diesem Land echte Schwierigkeiten hat.

Übers Ohr hauen lassen die Zweite erfolgte dann bei der Ibn-Tolun Moschee. Schon das Hinkommen war ein echtes Abenteuer, denn der Taxifahrer musste 10x halten um irgendwen nach dem Weg zu fragen. Trotzdem bekamen wir einen fairen Preis und als wir aus dem Taxi stiegen, hatten wir gleich den nächsten Guide an der Backe, der uns die Moschee zeigen wollte. Wir wurden vor eine Statue mit einer verschlossenen Holzkiste davor geführt. 100 Ägyptische Pfund pro Person - aber nix für Guide, alles für die Waisenkinder. Lange Rede kurzer Sinn - am Ende durften wir kurz auf das Minarett steigen, von der Moschee haben wir sonst aber leider nicht allzu viel gesehen.

Am nächsten Tag ging es aber dann zum Glück weiter - mit dem Flieger immer am Nil entlang in den Süden - nach Assuan.


Assuan (3 Tage)
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Im Vergleich zu Kairo ist Assuan eine sehr entspannte Stadt - gut, auch hier gibt es wenige Touristen. Das ist eher ungünstig für uns, weil trotz der wenigen Touristen natürlich immernoch genauso viele Fellukken-Kapitäne vor den Hotels und Kreuzfahrtschiffen herumlungern und auf Arbeit warten.

So kamen wir aus dem Hotel und hatten gleich Freundschaft geschlossen mit Captain Mohammed Ali - der Name war schon so amüsant. Naiv antworteten wir auf das "Where are you from?" noch "Germany" - woraufhin wir erfuhren, dass Mohammed Ali einen Freund in Würzburg hat und natürlich super Deutsch kann. Das kam noch häufiger auf uns zu - sie sehen dann die Chance, einem irgendwas aufzuschwatzen. Ich habe irgendwann damit begonnen "Norway" zu sagen und man war immer irritiert, da man "Nowhere" verstand - Punkt für mich, weniger Verhandlungspotential für die Ägypter.

Nun machten wir uns mit Mohammed gleich auf den Weg zu seinem Boot - und ich muss sagen, der Preis von 50 Ägyptischen Pfund kam uns für eine Stunde Cruise im Segelschiff wirklich fair vor. Aber wie der Nubier so ist, hatte er noch ein Ass im Ärmel - sein Bruder Osama (irgendwie hießen alle Nubier Mohammed, Ali oder Osama) bot uns gleich noch an, uns am Folgetag für 100 Pfund den ganzen Tag (also genau genommen von 7 bis 15 Uhr) mit dem Taxi zu den außerhalb liegenden Sehenswürdigkeiten zu bringen. Nun das war nun wirklich ein fairer Preis (am Ende gabs ein wesentlich fetteres Trinkgeld als wir es prozentual sonst gegeben hätten). Wir lernten dabei übrigens, man sollte auf gar keinen Fall das Taxi im Hotel bestellen - der Rezeptionist bekommt nämlich dafür eine fette Provision.

Felukka

 Er brachte uns zum großen Staudamm, zur Insel Philae und zum unvollendeten Obelisken - Philae der Höhepunkt, Obelisk der Tiefpunkt - aber ein sehr lohnenswerter Trip und auch lohnenswert, das ohne Guide nur mit einem Taxifahrer zu machen, weil man sich die Zeit so wesentlich freier einteilen kann und man wird nicht in merkwürdige Abzockshops geschliffen.

Am Nachmittag buchten wir uns wieder ein Boot, diesmal aber eins mit Motor, das uns zuerst zur Insel Elephantine und den dortigen Ruinen und dann auf eine Tour in den Ersten Katarakt brachte - hier sieht man dann das echte nubische Leben - zwischen den Grasinseln grasen Kühe, waschen Frauen Kleider und spielen Kinder - am Horizont eine Kamelkarawane im Sand - so wie man sich Ägypten vorstellt.

Den nächsten Tag verbrachten wir wieder auf einer Felukke, diesmal führte uns der Weg ans andere Nilufer - zuerst zu den Gräbern der Adeligen am Qubbet el-Hawa und hinüber zum Simeon-Kloster. Am Qubbet muss man dann wieder einen Guide zahlen dafür, dass er die Gräber aufschließt. Der war dann beleidigt, weil wir ihm zu wenig Trinkgeld gegeben haben - das war unangenehm aber ich denke, hauptsächlich lag es daran, dass wir nicht mit dem Kamel zum Kloster reiten wollten. Das Kloster erreicht man nach einer kleinen Felukkenfahrt und einer Wanderung (dringend Wasser mitnehmen). Die Klosterruine lohnt sich - eindrucksvoll gelegen!

Den Nachmittag verbrachten wir dann zur Alternative mal ganz gemütlich am Pool - am nächsten Morgen sollte es nämlich mit dem Kreuzfahrtschiff weiter nach Luxor gehen - ist bei der Hitze aber auch manchmal nötig.

Kreuzfahrten sind interessant - man fühlt sich mit 30 eigentlich ein bisschen zu jung dafür. Und entlang des Nils (vor allem in Luxor) sieht man sie zu Hunderten in bis zu 5er Reihen nebeneinanderliegen - vor sich hin rostend, denn wirklich aktiv sind maximal 10%. Das zeigt sicherlich, dass die Schiffe vor 10 oder 15 Jahren wirklich mal voll waren.


Unterwegs (1 Tag)
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Einen Tag waren wir auf unserem Luxusschiff unterwegs. 2 Stopps sollten eingelegt werden - morgens um 7 wurden wir von unserem Guide in Kom Ombo, später gegen 15 Uhr legten wir dann in Edfu an. Vor allem Edfu war nix für Tierschützer, denn man wird am Schiff von bunten Kutschen mit abgemagerten Pferden erwartet, die einen 5 Minuten quer durch die Stadt bringen - zwischendurch wird man dann von Leuten angesprochen, die den Europäern Alkohol verkaufen wollen und auf der Rückfahrt hatten wir dann eine ganze Schar Kinder, die sich hinten dranhängen und Betteln - unser Guide riet uns davon ab, den Kids was zu geben, denn es ist für sie mehr oder weniger ein Sport, bei den Touristen zu betteln.


Luxor (1 Tag)
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Wenn ich hätte wählen dürfen, wäre ich noch 1-2 Tage länger geblieben, aber man kann in Luxor auch an einem Tag einiges reißen - wenn man denn einen guten Taxifahrer hat. Und wie durch ein Wunder fanden wir den auch. Als wir um halb 6 das Boot verließen, stand nur einer da - Verhandlungsposition eher schwierig. Aber für 400 Pfund brachte er uns nach Theben West und nach Karnack und schließlich auch in die Stadt.

Und auch hier gilt zu viele Guides - schon morgens am Nofretete Tempel hatten wir gleich 4, die uns förmlich verfolgten. Und bei den Gräbern der Noblen hatten wir dann einen Guide, der uns zu den 9 Gräbern brachte und für jedes Grab nochmal ein Unterguide, der einen hineinbringt und darauf aufpasst, dass man nicht fotografiert (was gegen Trinkgeld natürlich möglich ist und sogar eingefordert wird).

Luxor ist abends leer. Wir verbrachten die letzte Nacht nicht auf einem Kreuzfahrtschiff, sondern im Hotel direkt neben dem eindrucksvoll beleuchteten Luxor-Tempel. In den Restaurants wurde dann gleich auch noch sehnsüchtigst gefragt, ob denn noch mehr Leute in unserem Hotel sind...


Fazit
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Ägypten als Tourist ist schon irgendwie speziell - vor allem weil sich seit der Revolution 2011 sich kaum noch Touristen dorthin verirren, infrastrukturtechnisch aber immernoch genauso viel aufgeboten wird - man kann zwischen an den meisten Orten zwischen 50 Booten und 100 Kutschen wählen, die Pferde sind natürlich halb verhungert. Und egal wo man einen Bürgersteig betritt, hat man gleich 5 Guides, 5 Bootsführer und 10 Kutscher um einen herum, obwohl man eigentlich beim benachbarten Kiosk nur eine Flasche Wasser kaufen will. Wir haben sicherlich auch noch nie in einem Urlaub so viele Souvenirs gekauft.

Die Sicherheitslage ist schon irgendwie merkwürdig - an jeder Kreuzung und bei jeder Sehenswürdigkeit sitzt mindestens ein Guard mit dem Maschinengewehr - häufig sieht man auch Radpanzer und vor jeder Polizeistation steht ein schutzsicheres Schild. Angespannt war ich nur einmal an der Ticketstation Theben West. Mein Mann stieg aus dem Taxi aus um Tickets zu kaufen und auf einmal rannten die Guards Richtung Kreuzung und brachten sich in Stellung - der Taxifahrer sagte zu mir, ich sollte den Kopf runtertun, er fuhr direkt zur Station und ließ meinen Mann schnell einsteigen. Am Ende war allerdings nix los, der Fahrer meinte, es wäre wohl nur eine kleine Übung gewesen - trotzdem gruselig. Interessant ist auch, dass man zum Nofretetetempel nur mit spezieller Genehmigung hinfahren darf. Unser Taxi ließ uns etwa 400m vorm Eingang raus (dort war ja der große Anschlag 1997).

Nun, ich bin mit gemischten Gefühlen nach Ägypten gefahren und mit gemischten Gefühlen wiedergekommen. Sehenswert ist das ganze Land - allerdings auch ziemlich dreckig (unter anderem ein verwestes Pferd im Kanal). Zu viele Guides lassen darauf schließen, dass es dort mal bessere Zeiten gab, in denen mehr Touristen kamen. Und wenn Soldaten mit Maschinengewehr zum normalen Stadtbild gehören, ist einem Europäer nun mal mulmig im Bauch. Es war sehr interessant, die Stätten der alten Ägypter mal anzuschauen - wiederkommen werde ich allerdings erst, wenn sich das Ganze dort ein bisschen beruhigt hat - also nie fürchte ich...

In diesem Sinne

Eure Anke

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